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MIR-Recherche: Die REWE-Debatte

Langerwisch – Rund um den geplanten REWE-Markt an der Straße des Friedens formieren sich in Langerwisch derzeit zwei deutlich erkennbare Lager. Während eine kleine Initiative gegen das Bauvorhaben mobil macht, regt sich zunehmend Unterstützung durch eine große Zahl von Anwohnerinnen und Anwohnern, die sich klar zur neuen Nahversorgung bekennen. Beide Seiten zeigen sich engagiert – mit E-Mails, Flugblättern und direkter Ansprache im Ort. Im Zentrum steht dabei eine Frage: Was ist gut für Langerwisch?


Kritik am Projekt kommt insbesondere vom Verein „Langerwischer Obstgarten e.V.“ um den Vereinsvorsitzenden Justus Mayser. In einer Mail, versendet an Unterstützerinnen und Unterstützer des Vereins, die der Redaktion vorliegt, warnt die Vereinsführung vor einem „Koloss“, der den angrenzenden Landschaftsraum „übermäßig belaste“. Mit 83 Metern Länge, 37 Metern Tiefe und einer Höhe von bis zu 13,60 Metern sei der geplante Markt zu groß, zu dominant, zu nah am Mittelgraben. In einem beigefügten Aufruf heißt es weiter, das Ortsbild werde „ohne Not verspielt“, das Projekt diene „den Wünschen eines einzelnen Investors“, nicht aber dem Allgemeinwohl.


Dabei ist bemerkenswert: Zu den Unterzeichnern des Flugblattes zählen auch Personen, die selbst als Planer alternativer Nutzungen für das Grundstück aktiv sind. Justus Mayser, Vorsitzender des Obstgarten-Vereins, hatte - wie der Märkische Bogen im Juni 2025 berichtete - eine alternative Wohnbebauung mit 1.500 Quadratmetern Wohnfläche für das Grundstück entworfen. Die Visualisierungen und Argumente wurden im Umfeld des Vereins öffentlich verbreitet. Dass Mayser nicht nur als Kritiker, sondern zugleich als Planer einer alternativen Bebauung auftritt, sorgt bei vielen im Ort für Irritation – zumal die vorgeschlagenen Wohngebäude exakt auf dem Gelände des geplanten Marktes entstehen sollen.


In Reaktion auf die kritischen Stimmen hat sich inzwischen auch eine Gegenbewegung formiert. Unter dem Motto „JA zum neuen REWE in Langerwisch“ setzen sich Langerwischer Anwohnerinnen und Anwohner öffentlich für das Bauprojekt ein. Ihr zentrales Argument: Der neue REWE sei ein dringend benötigter Beitrag zur Nahversorgung – und eine sinnvolle Nachnutzung für das Gelände des ehemaligen Nahkaufs, das seit Jahren ungenutzt brachliegt. Im Ort ist vielfach zu hören, dass gerade ältere Menschen, Familien ohne Auto und Berufspendler auf einen wohnortnahen, vollsortierten Supermarkt angewiesen seien.


Auch Ortsvorsteher Kay Uwe Fleischmann (Freie Wähler) hatte sich im April deutlich für das Projekt ausgesprochen. „Die Kritiker würde ich weit unterhalb von zehn Prozent sehen“, sagte er im Gespräch mit der Michendorfer Rundschau nach einem Bürgerdialog in Langerwisch. Eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger habe sich im Rahmen dieses gut besuchten Dialogformats mit über 130 Teilnehmenden positiv geäußert. Die oft vorgetragenen Verkehrsbedenken wies Fleischmann zurück. Der neue Markt fange bestehende Verkehrsströme auf, statt sie zu verstärken. Außerdem überzeuge der Entwurf mit ortstypischer Klinkerfassade und einer Bauweise, die bewusst auf den dörflichen Kontext Rücksicht nehme. Wie er betonte, fließe derzeit erhebliche Kaufkraft nach Caputh und Beelitz ab – Einnahmen, die künftig in Michendorf verbleiben könnten.


Diese architektonische Gestaltung hebt auch die FDP Michendorf hervor: Auf Social Media lobte sie den Entwurf als „einen Markt, der nach Langerwisch passt. Für heute – und für morgen.“ Während also die einen den Bau als Fremdkörper sehen, ohne echte Argumente vorzulegen, betonen die anderen die regionale Einbindung – gestalterisch wie wirtschaftlich.


Auch aus der örtlichen CDU kommt deutliche Unterstützung. Der Michendorfer CDU-Ortsvorsitzende Gregory Gosciniak erklärte gegenüber der Michendorfer Rundschau: „Was wir derzeit erleben, ist der Versuch einiger weniger, aus rein ideologischen Motiven und mit zunehmend fragwürdigen Mitteln ein Vorhaben zu blockieren, das für die gesamte Gemeinde einen echten Fortschritt bedeuten würde. Der geplante REWE-Markt in Langerwisch steht für wohnortnahe Versorgung, architektonische Qualität und wirtschaftliche Impulse. Dass sich das Unternehmen trotz aller Widerstände weiterhin konstruktiv einbringt, verdient Anerkennung. Noch wichtiger aber ist das klare Signal aus der Bürgerschaft: Aktionen wie ‚JA zum REWE‘ zeigen, dass viele Menschen den Markt nicht nur wollen – sondern brauchen.“


Die Debatte dreht sich auch um Alternativen: So wird von den Gegnern ein Grundstück an der Bahnstrecke bei Netto als möglicher Ersatzstandort ins Spiel gebracht. Dort ließe sich der Markt laut ihren Angaben ebenso gut integrieren – mit weniger Eingriffen ins Landschaftsbild. Doch dieser Vorschlag wirft neue Fragen auf. Das Gelände gehört der Gemeinde, ist bislang für Freizeitnutzung vorgesehen und müsste erst erschlossen werden. Außerdem sind die Wege für viele Langerwischer Bürgerinnen und Bürger länger, der Aufwand größer, die Realisierung ungewiss.


Entscheidend ist zudem: Am 2. Dezember 2024 hatte die Gemeindevertretung das zugrunde liegende Nahversorgungskonzept mit 15 Ja-Stimmen beschlossen – und damit den Weg für die konkrete Bauleitplanung eröffnet. Ein Antrag auf Zurückstellung des Vorhabens war zuvor abgelehnt worden.


Was bleibt, ist eine emotionale Debatte – bei der es letztlich um mehr geht als um einen Markt. Es geht um die Zukunft der Nahversorgung, um das Ortsbild, um wirtschaftliche Perspektiven und um das Selbstverständnis einer wachsenden Gemeinde. Und es geht darum, wie viele unterschiedliche Interessen in einem kleinen Ort miteinander in Einklang gebracht werden können.


Noch bis zum 25. Juli 2025 können Bürgerinnen und Bürger ihre Einwendungen zur laufenden Bauleitplanung an die Gemeinde richten – per E-Mail an bauleitplanung@michendorf.de.

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