Haus Polygon -Vom Tagungshotel zur Gemeinschaftsunterkunft Wie geht's weiter?
- brakebusch
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von Boris Brakebusch
Michendorf - Wo früher Geschäftsreisende, Seminarteilnehmer oder Urlauber eincheckten, leben heute Menschen aus aller Welt: Das markante Gebäude am Ortseingang von Michendorf ist seit 2019 eine Unterkunft für Geflüchtete und blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück.
Ende der 1990er Jahre wurde das Hotel als modernes Tagungs‑ und Businesshaus eröffnet – zunächst unter internationalen Marken wie “Sol” oder “Tryp”.
Es bot 125 Zimmer, Konferenzräume und Gastronomie, sollte von der Nähe zu Potsdam und Berlin profitieren.
Doch wirtschaftliche Schwierigkeiten, Betreiberwechsel und sinkende Auslastung machten dem Haus zu schaffen und es schloss abrupt 2008.
Nach vier Jahren Leerstand öffnete ein neuer Pächter, der sich dann auch sozial im Ort engagierte, das Hotel 2012 als “SensConvent” wieder.
Trotz der stets steigenden Pacht durch die Eigentümer des Gebäudes (eine Fondsgesellschaft) stabilisierte sich das Geschäft wieder und war auf dem Weg in die Gewinnzone.
Allerdings ging nun der Eigentümer der Immobilie pleite und der Insolvenzverwalter kündigte dem Hotelbetreiber den Pachtvertrag 2015. Der Betreiber sah sich dann nicht in der Lage, den durch den Landkreis Potsdam-Mittelmark angebotenen Pachtzins zu überbieten und gab auf.
Nach zwei Jahren Pacht ca.(1,5 Mio €) und Leerstand kaufte der Landkreis 2017 das Gebäude für rund 4,3 Mio. Euro zuzüglich mehrerer 100.000 Euro für notwendige technische Instandhaltungen.
Der Landkreis baute das ehemalige Hotel zur Unterkunft für Geflüchtete um.
Nach Renovierungen zogen nun nach weiteren zwei Jahren Leerstand 2019 die ersten Bewohner ein. Heute leben im Haus “Polygon” rund 260 Menschen, betreut von Soziale Arbeit Mittelmark e.V. (SAM e.V.), dem Träger der Einrichtung, der soziale Betreuung, Integrationsmaßnahmen und Alltagsorganisation verantwortet.
Damit ist das Haus Polygon seit Jahren die größte derartige Einrichtung in Potsdam-Mittelmark.
Bereits zur Eröffnung war geplant, Menschen aus rund 20 Nationen unterzubringen. Viele Zimmer sind Doppelzimmer mit etwa 15 m² Fläche; Familien mit zwei Kindern erhalten zwei zusammenhängende Zimmer.
Seitdem prägen diese Bewohner das Ortsbild: Auf den Straßen, in Geschäften und Schulen Michendorfs sind sie sichtbar, was den Ort verändert – für die einen ein Gewinn an Vielfalt, für andere eine spürbare Umstellung im vertrauten Alltag.
„Ich finde es gut, dass die Gemeinde hilft und die Menschen hier freundlich aufgenommen werden“, sagt eine Anwohnerin aus dem Ortskern. Ein anderer Michendorfer meint dagegen: „So viele neue Leute auf einmal verändern das Zusammenleben – man merkt schon, dass der Ort gewachsen ist und sich neu sortieren muss.“ Wieder andere sehen die Situation pragmatisch: „Das Gebäude stand ohnehin leer. Jetzt erfüllt es wenigstens einen Zweck – aber langfristig sollte man überlegen, was aus dem Gelände werden kann.“
Der Vertrag zwischen Landkreis und Gemeinde zur Sondernutzung des Hauses als Flüchtlingsheim wurde 2022 um weitere drei Jahre verlängert, wobei durch eine zwischenzeitliche Änderung des Baugesetzbuches (§246) durch die “Ampel” nunmehr die Sondernutzung der Immobilie bis momentan Ende 2027 möglich ist, auch wenn der Bauleitplan das eigentlich nicht vorsieht.
Die Gemeinde muss nur noch “angehört” werden.
Vor der Nutzung als Übergangswohnheim für Asylsuchende gab es in der Gemeinde viele Pläne und Ideen zur Zukunft der Immobilie. So kam der Gedanke auf, die Zimmer an Potsdamer Studenten und andere junge Menschen aus der Region zu vergeben, die auf Wohnungssuche sind.
Warum solche Pläne nie umgesetzt werden konnten, bleibt wohl den beschriebenen Verhältnissen und der weiterhin hohen Imigration geschuldet, das Haus weiter eine Unterkunft für Geflüchtete, die zum Teil inzwischen in eigenen Wohnungen leben würden, wenn sie welche bekommen könnten.
Inzwischen gibt es auch in der Gemeinde Bestrebungen, dort durch Änderung des Bauleitplans eine dauerhafte Einrichtung für Geflüchtete im Ort zu etablieren.
Diese solle aber dann weniger Kapazität haben, um Integration im Ort zu ermöglichen.
Die Einschätzungen im Ort bleiben geteilt: Viele sehen im Haus Polygon ein wichtiges Zeichen humanitärer Verantwortung und versuchter Integration. Andere wünschen sich, dass die Fläche langfristig auch touristisch oder gewerblich oder als Studentenwohnheim genutzt wird, um die Gemeindeentwicklung zu stärken.
Vielleicht sollten die Einwohner Michendorfs bei weiteren Planungen eingebunden werden!?
Eines aber ist klar: Das ehemalige SensConvent bleibt ein prägendes Gebäude für Michendorf – und ein Symbol dafür, wie sich Orte verändern, wenn sich gesellschaftliche Aufgaben wandeln.




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